AKTUELL: Bundestag beschließt Reform des Insolvenzanfechtungsrechts

Der Deutsche Bundestag hat nach langen Verhandlungen in seiner gestrigen Sitzung die angekündigte Reform des Insolvenzanfechtungsrechts beschlossen.

Die Reform betrifft insbesondere den Tatbestand der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO), das Bargeschäftsprivileg (§ 142 InsO) und die Verzinsung des Anfechtungsanspruchs (§ 143 InsO) und verfolgt das Ziel, den Wirtschaftsverkehr sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu entlasten.

Die wesentlichen Regelungen:

  • Die maximale Anfechtungsfrist bei Vorsatzanfechtung wird von bislang 10 Jahren auf 4 Jahre verkürzt, soweit dem Anfechtungsgegner eine Sicherung oder Befriedigung gewährt wurde. Sofern der Anfechtungsgegner eine kongruente Sicherung oder Befriedigung erhalten hat, also eine Sicherung oder Befriedigung, die er in der Art und Weise beanspruchen konnte, wird dessen Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners außerdem nur noch vermutet, wenn er wusste, dass der Schuldner bereits zahlungsunfähig war. Bislang reichte insoweit die Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit aus. Bei (Raten-) Zahlungsvereinbarungen zwischen Anfechtungsgegner und Schuldner wird zukünftig in Fällen der kongruenten Deckung vermutet, dass der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zur Zeit der angefochtenen Handlung nicht kannte. Welche Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung durch den Insolvenzverwalter zu stellen sind, dürfte nach Inkrafttreten der Reform voraussichtlich sehr schnell die Prozessgerichte beschäftigen.
  • Sogenannte Bargeschäfte (der Austausch von Leistung und (gleichwertiger) Gegenleistung erfolgt in einem engen zeitlichen Zusammenhang) sind nur noch anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 bis 3 InsO vorliegen und der Anfechtungsgegner erkannt hat, dass der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung unlauter gehandelt hat.
  • Die Zahlung von Arbeitsentgelt unterfällt dem Bargeschäftsprivileg, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Diese Auffassung wurde bereits bisher von den Arbeitsgerichten vertreten und ist damit Gesetz geworden. Zudem werden Arbeitnehmer durch das Bargeschäftsprivileg zukünftig auch vor der Anfechtung von Zahlungen durch Dritte geschützt, sofern die Drittzahlung für den Anfechtungsgegner als solche nicht erkennbar war. In solchen Fällen dürfte damit künftig eine Anfechtung nach § 131 InsO nicht mehr möglich sein.
  • Anfechtungsansprüche werden nur noch ab Verzugseintritt (nicht beginnend ab Insolvenzeröffnung) verzinst. Die Regelung gilt bereits ab Inkrafttreten der Reform. Um Zinsnachteile für die Masse zu vermeiden, sollten etwaige Anfechtungsansprüche folglich auch in bereits eröffneten Verfahren zeitnah und verzugsbegründend geltend gemacht werden.

Ob die neuen Regelungen tatsächlich zu mehr Rechtssicherheit und in der Praxis zu gerechter empfundenen Ergebnissen führen, bleibt der Umsetzung durch die künftige Rechtsprechung vorbehalten.

Für weitere Einzelheiten lesen Sie bitte den Regierungsentwurf vom 16.12.2015 (BT-Drucks. 18/7054) sowie die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 15.02.2017 (BT-Drucks. 18/11199).


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